Interview mit KommR. Ing. Franz Maier, MBA, MLE, LLM, Generaldirektor Atradius Österreich, Ungarn und Südosteuropa, über Kreditversicherungen in der heutigen Zeit.
Herr Maier, warum sollte ein erfolgreiches Unternehmen mit grundsoliden Zahlen heute in eine Kreditversicherung investieren? Es läuft doch alles rund.
„Viele Unternehmen haben von der Globalisierung sowie von den modernen Technologien und Transportmöglichkeiten, die Geschäfte in der ganzen Welt möglich gemacht haben, profitiert. Gleichzeitig steigen in einer immer internationaleren und immer stärker vernetzten Wirtschaft aber auch die Risiken für Forderungsausfälle. Produkte oder Geschäftsmodelle, die über Jahrzehnte erfolgreich waren, können beispielsweise in kürzester Zeit vom Markt verdrängt sein – und somit Firmenkunden, die stets verlässlich gezahlt haben, von heute auf morgen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Hinzu kommen politische Risiken in anderen Ländern, wodurch Zahlungen für gelieferte Waren oder erbrachte Dienstleistungen verhindert werden. Das kann dann auch erfolgreiche Unternehmen in Bedrängnis bringen. Vor diesem Hintergrund ist eine Kreditversicherung gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges Instrument, damit Unternehmen profitabel bleiben und auch weiterhin gute Ergebnisse präsentieren.“
Die Lieferung auf Zahlungsziel ist die nach wie vor gängigste Zahlmethode – und im harten, internationalen Wettbewerb häufig ein wichtiges Kriterium, damit ein Lieferant einen Auftrag überhaupt bekommt.
Wie kann eine Kreditversicherung da helfen?
„Die Lieferung auf Zahlungsziel ist die nach wie vor gängigste Zahlmethode – und im harten, internationalen Wettbewerb häufig ein wichtiges Kriterium, damit ein Lieferant einen Auftrag überhaupt bekommt. Damit geht er aber ein hohes Risiko ein – denn seine Liquidität ist dann letztlich vom Zahlungsverhalten seines Kunden abhängig. Fällt die Zahlung aus, kann es eng werden. Die Kreditversicherung ist das ideale Mittel, um die für den Kunden sehr attraktive Zahlungskondition ‚auf Rechnung‘ mit mehr Sicherheit zu verbinden. Sollte es beim Kunden zum Zahlungsverzug oder gar zu einer Insolvenz kommen, entschädigt Atradius und fängt die Auswirkungen für den Lieferanten ab.“
Ein Unternehmen mit einem diversifiziertem Kundenstamm wird einen solchen Ausfall verkraften können, sollte man meinen.
„Eine Kreditversicherung hilft nicht nur im konkreten Schadenfall. Sie ist auch ein wirkungsvolles Instrument zur Risikovermeidung sowie zur strategischen Geschäftsplanung. Durch unsere Präsenz in 160 Büros in über 50 Ländern kennen wir die Besonderheiten einzelner Märkte sehr genau. Damit geht der Mehrwert weit über den eigentlichen Deckungsschutz hinaus. Mit unserem Wissen um Ausfallrisiken unterstützen wir Unternehmen beispielsweise bei Expansionsentscheidungen, wenn es um die Auswahl von attraktiven Exportdestinationen geht. Weiterhin hilft eine Kreditversicherung auch bei Verhandlungen mit Banken, da die Auszahlungsansprüche aus der Versicherung letztlich auch an ein Kreditinstitut als Sicherheit abgetreten werden können, um etwa den eigenen Kreditspielraum für Investitionen zu erhöhen. Schlussendlich reduziert eine Kreditversicherung auch den Aufwand der Debitorenüberwachung erheblich.“
Das klingt vor allem für große Konzerne interessant, für kleine und mittelständische Unternehmen eher weniger.
„Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ist der Schutz vor Forderungsausfällen existenziell. KMU sind häufig von wenigen Abnehmern abhängig, in der Folge geraten sie oft in eine Folgeinsolvenz, wenn ein Abnehmer zahlungsunfähig ist. Darüber hinaus können wirtschaftliche Durststrecken die Eigenkapital-Position schwächen, so dass sie schon der Zahlungsverzug einer einzelnen Forderung in Bedrängnis bringen kann. Atradius bietet mit seinem modularen System ein flexibles Modell an, durch den sich der Versicherungsschutz auch für KMU individualisieren und preiswert anbieten lässt.“
Wie hoch ist der Eigenaufwand, den ein Unternehmen trotz Kreditversicherung betreiben muss?
„Gering. Es gehört zu unserem Verständnis von Service, dass wir bei unseren Geschäftspartnern regelmäßig erfragen, wie wir sie bestmöglich unterstützen können und dieses Feedback dann schnell umsetzen. So entwickeln wir beispielsweise unsere kostenlosen Online-Tools für das Forderungsmanagement ständig weiter: Atradius Insights, das bei der Analyse des Zahlungsverhaltens von Abnehmern hilft, haben wir jüngst um fünf Recherchemöglichkeiten ergänzt. Unternehmen können damit Geschäftsentscheidungen präziser und zügig vorbereiten. Auch die Neugestaltung unseres Kundenportals Serv@Net wird das Forderungsmanagement der Unternehmen weiter erleichtern, da zum Beispiel Kreditlimitanträge und Zahlungsverzögerungen deutlich schneller online eingereicht werden können. Darüber hinaus passen wir unsere Produkte ständig den Marktgegebenheiten an. Schlussendlich verstehen wir unter Kundenorientierung auch simple, aber alles andere als alltägliche Dinge, zum Beispiel, dass alle Atradius-Kunden stets einen persönlichen Ansprechpartner in den Bereichen Claims, Account Management und Risk Services haben, der ihnen jederzeit kompetent weiterhilft.“
Zahlreiche Unternehmen haben Liquiditäts-Engpässe und müssen dadurch ganz einfach kürzere Fristen vereinbaren. Folglich überrascht es vielleicht nicht, dass Österreich angesichts des anhaltend schwierigen Wirtschaftsklima einen Anstieg überfälliger Rechnungen sowohl aus dem inländischen als auch dem ausländischen Handel verzeichnete.
Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie aktuell für das Forderungsmanagement in Österreich?
„In einigen Branchen wurden Verbindlichkeiten zwar zügiger bezahlt, doch das Risiko eines Forderungsausfalls wird damit nicht wesentlich geringer. Österreichische Unternehmen räumen im Durchschnitt das kürzeste Zahlungsziel im Vergleich zu fast allen Ländern Europas ein. Dieser Umstand kann ein deutliches Anzeichen für ein ausgeprägtes Forderungsmanagement sein. Andererseits haben zahlreiche Unternehmen Liquiditäts-Engpässe und müssen dadurch ganz einfach kürzere Fristen vereinbaren. Folglich überrascht es vielleicht nicht, dass Österreich angesichts des anhaltend schwierigen Wirtschaftsklima einen Anstieg überfälliger Rechnungen sowohl aus dem inländischen als auch dem ausländischen Handel verzeichnete. Auch gilt natürlich, dass österreichische Unternehmen Exportkaiser sind, das zeigt sich das mehr als 80 Prozent der multinationalen Unternehmen bereits in Wachstumsmärkte aus der zweiten Reihe investieren. Hierzu gehören Länder in Südostasien wie Vietnam und Indonesien, osteuropäische Staaten wie Polen und Rumänien. Ebenso lateinamerikanische Länder wie Mexiko und Venezuela sowie afrikanische Staaten wie Südafrika und Nigeria. Für diese Wachstumsmärkte muss klar aufgezeigt werden, welchen Risiken die Unternehmen gegenüberstehen und wie sie sich schützen können. Nicht jeder lukrativ klingende Auftrag hält, was er verspricht. Und am Ende bleibt für viele Unternehmen nur die nüchterne Erkenntnis, dass Sie auf Ihren Forderungen sitzen bleiben. Deshalb ist es gerade heute von besonderer Bedeutung, sich gegen finanzielle Verluste und Forderungsausfälle abzusichern.“
Kontakt
Atradius Kreditversicherung
Astrid Goldberg, Pressesprecherin
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E-Mail: astrid.goldberg@atradius.com