Den Ergebnissen des Atradius Zahlungsmoralbarometers zufolge brachten die vergangenen zwölf Monate viele Veränderungen in Österreich.
Den Ergebnissen des Atradius Zahlungsmoralbarometers zufolge brachten die vergangenen zwölf Monate viele Veränderungen in Österreich – häufigere Zahlungsverzüge, zunehmend überfällige Rechnungen im Firmengeschäft, längere Zahlungsdauer und mehr uneinbringliche Forderungen. Eine hohe Zahl der Befragten gab an, dass sich Zahlungsverzüge auf ihr Geschäftsergebnis auswirkten. In der Folge mussten sie häufig zusätzlichen Finanzierungsaufwand betreiben, den Cashflow korrigieren oder die eigenen Zahlungen an Lieferanten zurückstellen. Laut 18,9 % der Befragten führten überfällige Rechnungen zu Umsatzeinbußen in ihrem Unternehmen.
Stammkunden wird eher ein Lieferantenkredit angeboten
In Österreich liegt der Anteil der Firmengeschäfte mit Zahlungsziel stabil bei 27,2 % (2017: 26,5 %). Wie die meisten Unternehmen in Westeuropa gewährten österreichische Befragte Lieferantenkredite häufiger ihren inländischen Firmenkunden (durchschnittlich 32,1 %) als ihren ausländischen (22,3 %).
Die meisten Befragten in Österreich bieten inländischen Firmenkunden Lieferantenkredite an, weil sie die Geschäftsgepflogenheiten ihres Heimatmarktes kennen, und um ihre langjährigen Kunden weiter an sich zu binden. Im Inlandsmarkt weiter zu wachsen ist für die österreichischen Befragten ein weiterer Grund, Zahlungsziele zu gewähren. Eine schlechte Zahlungsmoral oder die finanzielle Schwäche eines Abnehmers sind hingegen die häufigsten Faktoren, weswegen die Befragten in Österreich inländischen Abnehmern keinen Lieferantenkredit einräumen (genannt von 40,5 % bzw. 21,4 % der Befragten).
Österreichische Unternehmen gewähren ihren ausländischen Abnehmern Lieferantenkredite, weil sie Stammkunden sind, denen sie vertrauen, und weil Zahlungsziele in ihrer Branche gängige Praxis sind. Die Hauptgründe für die Ablehnung eines Lieferantenkredits bei Geschäften mit Kunden aus dem Ausland sind mangelnde Informationen über das Geschäft des Kunden und sein Zahlungsverhalten in der Vergangenheit (genannt von 32,5 % der Befragten) sowie ein hohes wirtschaftliches und politisches Risiko im Land des Abnehmers (genannt von 35,0 %).
Bei langjähriger Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Stammkunden gewähren wir bei Handelsgeschäften einen Lieferantenkredit. Neuen Kunden wir nur ein Lieferantenkredit eingeräumt, wenn wir davon ausgehen, dass die Geschäftsbeziehungen von Dauer sind.
Wir bieten ausländischen Firmenkunden Lieferantenkredite an, da es ein allgemeiner Trend auf dem Markt ist.
Zweiter Jahr ohne Folge mit zunehmenden überfälligen Forderungen
Die meisten Studienteilnehmer in Österreich (95,0 %) berichteten, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten häufig verspätete Zahlungen ihrer inländischen und ausländischen Firmenkunden erlebt haben. Das war der höchste Prozentsatz in Westeuropa und ein höherer Prozentsatz als 2017 (damals 91,5 %). Besonders im Heimatmarkt scheint die Zahlungsmoral zu sinken: Alle österreichischen Befragten (100 %) gaben an, im aktuellen Befragungszeitraum Zahlungsverzüge bei Geschäften mit inländischen Kunden erlebt zu haben.
Der Anteil an überfälligen inländischen und ausländischen Forderungen im Firmengeschäft in Österreich stieg das zweite Jahr in Folge an und liegt jetzt bei 42,0 %. Der durchschnittliche Anteil überfälliger Rechnungen von ausländischen Kunden war leicht höher als der von inländischen Kunden.
Die durchschnittliche Forderungslaufzeit (DSO, Days Sales Outstanding) in Österreich beträgt 32 Tage. Dabei ist 2018 das dritte Jahr in Folge, das eine Abnahme des DSO-Wertes verzeichnet (2017: 34 Tage). 67,3 % der Befragten gaben an, dass sie während der nächsten zwölf Monate keine Änderungen des DSO-Wertes ihres Unternehmens erwarten. 18,8 % rechnen mit einer Zunahme und 13,9 % mit einer Abnahme.
Zahlungsverzüge erfordern Zusatzfinanzierung
Österreichische Befragte gewähren inländischen Firmenkunden durchschnittlich ein Zahlungsziel von 23 Tagen. Das sind zwei Tage weniger als 2017. Ausländische Abnehmer erhalten hingegen durchschnittlich 27 Tage zur Erfüllung ihrer Zahlungspflicht – zwei Tage mehr als 2017. Insgesamt entsprechen die von österreichischen Unternehmen gewährten Zahlungsziele dem westeuropäischen Durchschnitt.
52,8 % der Befragten in Österreich gaben an, dass sie inländischen und ausländischen Firmenkunden unterschiedliche Zahlungsziele einräumen. 33,3 % geben ihren inländischen Firmenkunden eine kürzere Zahlungsfrist, während 19,5 % ihren inländischen B2B-Kunden eine längere Zahlungsfrist gewähren. Die Hauptgründe für die Differenzierung bei Zahlungszielen in Österreich sind Branchenpraxis, die Wirtschaftslage im Exportland sowie die finanziellen Risiken in Verbindung mit Exportgeschäften.
Die Abnehmer der Befragten in Österreich brauchten 2018 insgesamt länger zur Zahlung der Rechnungen. Berichtet wurde eine
Zunahme von zwei Tagen in Bezug auf inländische B2B-Kunden (durchschnittlich 22 Tage) und eine Zunahme von drei Tagen im Hinblick auf ausländische B2B-Kunden (durchschnittlich 23 Tage).
In Österreich traten Zahlungsverzüge bei Firmenkunden am häufigsten wegen unzureichende Finanzmittel auf und weil Käufer ausstehende Rechnungen als Mittel zur Finanzierung nutzten. 53,4 % der Befragten im Land nannten als Grund unzureichende Liquidität im Hinblick auf ihre inländischen und 49,1 % im Hinblick auf ihre ausländischen Firmenkunden. Beide Werte liegen über dem westeuropäischen Durchschnitt. Der 2018 am zweithäufigsten genannte Grund für Zahlungsverzüge, nämlich Käufer, die ausstehende Rechnungen als Mittel zur Finanzierung nutzen, wurde von 38,2 % der österreichischen Befragten im Hinblick auf ihre inländischen und von 37,0 % bezüglich ihrer ausländischen Firmenkunden genannt. Auch diese Prozentzahlen sind höher als der regionale Durchschnitt.
Unter den befragten westeuropäischen Ländern wies Österreich einen der niedrigsten Anteile der Befragten (38,3 %) auf, nach deren Aussage der Zahlungsverzüge ohne spürbare Auswirkungen auf das Geschäft geblieben sind. Zur Steuerung der Folgen überfälliger Rechnungen nannten 22,8 % der Befragten in Österreich, dass sie eine Zusatzfinanzierung benötigten. 20,0 % gaben an, dass sie besondere Maßnahmen ergreifen mussten, um den Cashflow zu korrigieren, und ihre eigenen Zahlungen an Lieferanten aufschieben.
Die meisten österreichischen Befragten stellen ihre Rechnungen elektronisch aus
67,9 % der Befragten in Österreich gaben an, dass sie ihren inländischen und ausländischen Firmenkunden elektronische Rechnungen stellen. Damit decken sich die Aussagen der österreichischen Unternehmen mit den anderen in Westeuropa befragten Unternehmen. Von den österreichischen Studienteilnehmern, die noch nicht zur elektronischen Fakturierung übergegangen sind, gaben 10,7 % an, dass sie 2018 eine Einführung beabsichtigen. 18,6 % der Befragten nutzen diese Methode nicht und nur 2,8 % stellen keine elektronischen Rechnungen mehr.
Bei der Frage nach der Auswirkung elektronischer Rechnungsstellung auf die Zahlungsdauer antwortete die Mehrheit der Befragten (54,8 %), dass sie ihre Zahlungen schneller erhielten. Nur 4,1 % hingegen gaben an, dass sie langsamere Zahlungen verzeichneten. 41,1 % der Befragten sind der Ansicht, dass die Online-Fakturierung keine nennenswerte Auswirkung habe.
Österreichische Befragte fürchten eine Verschlechterung des globalen Wachstums aufgrund des Protektionismus der USA
Wie ihre Mitstreiter in Westeuropa gaben Befragte in Österreich an, dass der drohende Handelskrieg durch den US-amerikanischen Protektionismus für sie das größte Risiko bedeutet (mehr noch als eine fehlgeleitete Geldpolitik der US-Notenbank, eine Abschwächung des chinesischen Wirtschaftswachstums und geopolitische Risiken). Die 40,4 % der Befragten in Österreich, die dies als größte Bedrohung für das globale Wachstum einschätzen, liegen leicht unter dem regionalen Durchschnitt von 44,8 %. Zudem beurteilten 27,5 % den US-amerikanischen Protektionismus als erhebliches Risiko – auch wenn er ihrer Ansicht nach nicht das größte Hindernis für das globale Wachstum ist.
22,0 % der österreichischen Unternehmen stufen die Geldpolitik der US-Notenbank als zweitgrößtes Risiko für das globale Wachstum ein.
Geringe Zunahme deruneinbringlichen B2B-Forderungen
Im aktuellen Befragungszeitraum lag der Anteil der uneinbringlichen Forderungen im Firmengeschäft in Österreich bei 0,9 %. Dies stellt eine leichte Zunahme im Vergleich zu den 0,7 % im Vorjahr dar. Dennoch liegt der Anteil der uneinbringlichen B2B-Forderungen in Österreich unter dem regionalen Durchschnitt von 1,3 %.
In Österreich stammen uneinbringliche Forderungen am häufigsten von Abnehmern aus den Branchen Bau, langlebige Verbrauchsgüter und Dienstleistungen. Die Hauptgründe für die Abschreibung von Forderungen waren die Insolvenz von Kunden beziehungsweise die Einstellung des Geschäftsbetriebs einer Firma (genannt von 64,8 % der Befragten), die Unauffindbarkeit eines Abnehmers (genannt von 27,6 %) und erfolglose Inkassoversuche (26,9 %).
Bauwesen und langlebige Verbrauchsgüter – problematische Branchen
Firmenkunden aus der Papier- und Baustoffbranche räumten österreichische Lieferanten überdurchschnittlich lange Zahlungsziele ein. Das durchschnittliche Zahlungsziel in Österreich liegt bei 25 Tagen. In der Papierbranche standen Firmenkunden durchschnittlich 85 Tage zur Erfüllung ihrer Zahlungspflichten zur Verfügung, in der Baustoffbranche durchschnittlich 46 Tage. Abnehmer aus den Branchen Landwirtschaft und Chemie erhielten die im Durchschnitt kürzesten Zahlungsziele (durchschnittlich 17 Tage).
Nach Angaben der österreichischen Lieferanten sorgten Kunden in den Branchen Bauwesen und langlebige Verbrauchsgüter für den längsten Zahlungsverzug mit einer durchschnittlichen Verspätung von 24 bzw. 23 Tagen.
Die für Zahlungsverzüge am häufigsten genannten Gründe in der Baubranche sind Abnehmer, die ausstehende Rechnungen als Mittel zur Finanzierung benutzen (55,0 %) sowie unzureichende Liquidität (48,0 %). Zahlungsverzüge von Kunden in der Branche langlebige Verbrauchsgüter erfolgten laut der Studienteilnehmer hauptsächlich aus denselben Gründen. 33,0 % der Befragten nannten als Grund Käufer, die ausstehende Rechnungen als Mittel der Finanzierung benutzen, und 30,0 % unzureichende Liquidität. Zudem gaben 30,0 % der österreichischen Befragten in der Branche langlebige Verbrauchsgüter an, dass sie aufgrund von Insolvenzen Zahlungen zu spät erhielten.
Die Befragten in Österreich erwarten in den nächsten zwölf Monaten eine Veränderung der Zahlungsmoral ihrer Firmenkunden. 34,0 % der Befragten in der Baubranche rechnen mit einer Verschlechterung, und ein geringerer Prozentsatz von 11,0 % mit einer Verbesserung. In der Branche langlebige Verbrauchsgüter gehen 24,0 % von einer Verschlechterung und 18,0 % von einer Verbesserung aus.